“Ich habe alles,
was passiert ist, noch nicht verarbeiten können”, sagt David
Michael dos Santos Miranda, 28, aus Rio, der am Flughafen London, am
Sonntag festgehalten wurde. Er ist am 10. August als Tourist nach
Berlin gereist, um die Dokumentarfilmerin Laura Poitras zu treffen,
die gemeinsam mit dem Journalisten Glenn Greenwald am Fall Edward
Snowden arbeitet. Der Ex- Agent der CIA, hatte Daten der NSA,
betreffend digitaler Spionage, veröffentlicht.
Miranda, der Freund von Greenwald, hat
geheime Dokumente an Laura übergeben. Und er hatte vor andere Daten
von den Files von Snowden nach Brasilien zu bringen. Stattdessen
wurde er am Flughafen Heathrow gefangen genommen, wo er für elf
Stunden festgehalten wurde, davon fast neun Stunden in einem Raum mit
Agenten von Scotland Yard (London Metropolitan Police). „In keinem
Moment wurde auch nur eine Frage zu Terrorismus gestellt. Sie wollten
nicht wissen, ob ich Terrorist wäre oder ob ich irgendeinen Kontakt
zu Terroristen hätte. Sie haben einfach ein Gesetz verwendet, um zu
erreichen, was sie wollten.“ bekräftigt er.
Die britische Zeitung „The Guardian“,
für die Greenwald arbeitet, hat zugegeben die Flüge von Miranda
finanziert zu haben. Auch wenn er kein Angestellter der Zeitung ist,
unterstützt der Brasilianer seinen Freund bei Reportagen, so eine
Stellungnahme.
Vom Weißen Haus wurde heute bestätigt,
dass die USA über die Festnahme von Miranda informiert wurden, es
wurde aber abgestritten, dass die Regierung der vereinigten Staaten
die Befragung oder Festnahme verlangt hätte.
Die Polizei und die britische Regierung
werden die Festnahme offiziell erklären müssen. Der Anwalt David
Anderson wird untersuchen, ob es missbräuchliche Anwendung der
Antiterrorgesetzte gab und wird nach Abschluss, einen Bericht an das
Parlament schicken und Sofortmaßnahmen in der Gesetzgebung
vorschlagen.
Abgeordnete der Opposition kritisierten
die Festnahme des Brasilianers. Yvette Cooper, die dafür
verantwortlich ist, den Innenminister zu kontrollieren, verlangte
eine dringliche Untersuchung des Falles.
In einer Mitteilung, die heute
Nachmittag veröffentlicht wurde, hat der britische Botschafter in
Brasilien, Alex Ellis, bestätigt, dass die Festnahme des
Brasilianers „eine operative Frage der London Metropolitan Police“
ist. Der brasilianische Außenminister Antônio Patriota und sein
britischer Kollege William Hague, haben am Nachmittag telefonisch
über den Fall gesprochen.
In einem Interview mit der Folha sprach
Miranda über die Aktion der britischen Behörden.
Warum sind sie nach Deutschland
gereist?
Ich bin am 10. August nach Berlin
gereist. Ich habe einige Daten für Laura (Poitras) mitgenommen, die
seit dem Beginn des Falles Snowden, gemeinsam mit Glenn arbeitet. Ich
wollte auch einige Daten auf zwei USB Sticks und auf einer externen
Festplatte zurückbringen. Es wurde alles beschlagnahmt. Ich weiß
nichts über den Inhalt. Die beiden (Glenn und Laura) kümmern sich
darum.
Wie war die Annäherung der
britischen Polizei?
Am Sonntag, bin ich um 7:00 aus Berlin
abgeflogen, um nach Brasilien zurückzukehren. Ich hatte einen
Anschlussflug in London. Nach der Landung am Flughafen Heathrow um
7:50, hat die Flugbegleiterin über die Lautsprecher im Flugzeug
mitgeteilt, dass alle Passagiere mit dem Pass in der Hand aussteigen
sollten. In diesem Moment wusste ich, dass sie hier waren, um mich zu
holen. Beim Ausstieg haben drei Beamte auf mich gewartet, noch
innerhalb der Fluggastbrücke. Nachdem sie meinen Pass angeschaut
haben, sagte einer: „Mein Herr, begleiten sie mich bitte“.
Scotland Yard hat in einen Vermerk
veröffentlicht, dass sie aufgrund des Gesetzes zur Bekämpfung von
Terrorismus, 9 Stunden festgehalten wurden...
Das stimmt nicht. Es waren elf Stunden.
Bevor wir in den Befragungsraum gingen, wurde ich von den Beamten
zwei Stunden auf dem Flughafen herumgeführt. In keinem Moment wurde
ich zu Terrorismus befragt. Sie wollten nicht wissen, ob ich
Terrorist wäre, oder ob ich irgendeinen Kontakt zu Terroristen
hätte. Sie haben ganz einfach ein Gesetz verwendet, um zu Erreichen,
was sie wollten. Basierend auf diesem Gesetz, das sich auf den
Terrorismus bezieht, können sie befragen, wen sie wollen und wenn
sich jemand weigert, können sie ihn sogar ins Gefängnis stecken.
Das haben sie den ganzen Tag gemacht. Sie haben gesagt, dass ich wenn
ich nicht kooperieren würde, ins Gefängnis müsste. Sie haben mir
eine Kopie dieses Gesetzes gezeigt.
Wie war die Befragung?
Ich bin in einen weißen Raum ohne
Fenster gebracht worden. Es gab vier Stühle, einen Tisch und ein
Gerät, um Fingerabdrücke zu nehmen. Ich bin dort neun Stunden
geblieben, die ganze Zeit wurde ich mit dem Gefängnis bedroht. Sie
haben mir mein gesamtes Handgepäck abgenommen. Sie haben alles
durchstöbert. Als ich zu Hause, hier in Rio ankam, habe ich bemerkt,
dass zwei Geräte verschwunden sind: ein Rooter und eine Smartwatch
von Sony, die ich für einen Freund gekauft hatte. Ich hatte das
selbe Modell der Uhr in meinem Rucksack, der auch beschlagnahmt
wurde. Alle 30 Minuten haben sie mir Wasser angeboten. Ich habe
nichts getrunken und sie auch nicht. Sie haben die Flüssigkeit immer
weg geschüttet.
Was wollten sie von Ihnen wissen?
Sie haben mich zu meiner Beziehung zu
Glenn befragt. Sie haben einige Male zu meinem Verhältnis zu Glenn
gefragt. Sie haben gefragt, wie ich in seiner Arbeit mitwirke. Was
ich mache. Sie blieben ständig bei dem selben Thema. Sie sind rund
um mich gegangen, während sie fragten. Es war ein psychologischer
Angriff. Sie wollten wissen, ob ich Zugang zu den Inhalten hätte,
die von Snowden geschickt wurden. Ich erklärte ihnen, dass ich
keinen Zugang zu den Daten hatte und dass meine Arbeitsverhältnis
mit Glenn, sich auf Marketing beschränkt. Ich berate Glenn
normalerweise darin, was er zu den Veröffentlichungen seiner
Reportagen sagt. Ich helfe ihm, die geeigneten Mittel zu wählen.
Was wollten sie während der neun
Stunden sonst noch wissen?
Die Agenten haben sich während der
Befragung abgelöst. Sie haben gefragt, warum die Menschen auf den
Straßen Brasilien protestieren. Sie wollten wissen was die Leute
dazu bringt auf die Straßen zu gehen. Ich sagte, dass das Volk über
die Korruption im Land empört ist. Sie haben gefragt, welche Art von
Korruption es in Brasilien gibt. Dann haben sie gefragt, ob ich
irgendeine Beziehung zur brasilianischen Regierung hätte. Ich habe
geantwortet, dass mein Partner vor kurzem im brasilianischen Senat
war. Ich habe bei dieser Gelegenheit erwähnt, dass ich einige
Senatoren kenne. Ich wollte auf diese Art zeigen, dass ich wichtige
Personen in meinem Land kenne, dass ich nicht alleine bin. Ich weiß
nicht, was sie dazu gebracht hat, diese Fragen über Brasilien zu
stellen. Ich habe bis jetzt noch nicht alles verarbeiten können, was
passiert ist.
von
Fabio Brisolla