Dienstag, 20. August 2013

“Sie wollten wissen, ob ich Zugang zu den Daten von Snowden habe” sagt der Brasilianer David Michael dos Santos Miranda

Ich habe alles, was passiert ist, noch nicht verarbeiten können”, sagt David Michael dos Santos Miranda, 28, aus Rio, der am Flughafen London, am Sonntag festgehalten wurde. Er ist am 10. August als Tourist nach Berlin gereist, um die Dokumentarfilmerin Laura Poitras zu treffen, die gemeinsam mit dem Journalisten Glenn Greenwald am Fall Edward Snowden arbeitet. Der Ex- Agent der CIA, hatte Daten der NSA, betreffend digitaler Spionage, veröffentlicht.

Miranda, der Freund von Greenwald, hat geheime Dokumente an Laura übergeben. Und er hatte vor andere Daten von den Files von Snowden nach Brasilien zu bringen. Stattdessen wurde er am Flughafen Heathrow gefangen genommen, wo er für elf Stunden festgehalten wurde, davon fast neun Stunden in einem Raum mit Agenten von Scotland Yard (London Metropolitan Police). „In keinem Moment wurde auch nur eine Frage zu Terrorismus gestellt. Sie wollten nicht wissen, ob ich Terrorist wäre oder ob ich irgendeinen Kontakt zu Terroristen hätte. Sie haben einfach ein Gesetz verwendet, um zu erreichen, was sie wollten.“ bekräftigt er.

Die britische Zeitung „The Guardian“, für die Greenwald arbeitet, hat zugegeben die Flüge von Miranda finanziert zu haben. Auch wenn er kein Angestellter der Zeitung ist, unterstützt der Brasilianer seinen Freund bei Reportagen, so eine Stellungnahme.

Vom Weißen Haus wurde heute bestätigt, dass die USA über die Festnahme von Miranda informiert wurden, es wurde aber abgestritten, dass die Regierung der vereinigten Staaten die Befragung oder Festnahme verlangt hätte.

Die Polizei und die britische Regierung werden die Festnahme offiziell erklären müssen. Der Anwalt David Anderson wird untersuchen, ob es missbräuchliche Anwendung der Antiterrorgesetzte gab und wird nach Abschluss, einen Bericht an das Parlament schicken und Sofortmaßnahmen in der Gesetzgebung vorschlagen.

Abgeordnete der Opposition kritisierten die Festnahme des Brasilianers. Yvette Cooper, die dafür verantwortlich ist, den Innenminister zu kontrollieren, verlangte eine dringliche Untersuchung des Falles.

In einer Mitteilung, die heute Nachmittag veröffentlicht wurde, hat der britische Botschafter in Brasilien, Alex Ellis, bestätigt, dass die Festnahme des Brasilianers „eine operative Frage der London Metropolitan Police“ ist. Der brasilianische Außenminister Antônio Patriota und sein britischer Kollege William Hague, haben am Nachmittag telefonisch über den Fall gesprochen.

In einem Interview mit der Folha sprach Miranda über die Aktion der britischen Behörden.

Warum sind sie nach Deutschland gereist?

Ich bin am 10. August nach Berlin gereist. Ich habe einige Daten für Laura (Poitras) mitgenommen, die seit dem Beginn des Falles Snowden, gemeinsam mit Glenn arbeitet. Ich wollte auch einige Daten auf zwei USB Sticks und auf einer externen Festplatte zurückbringen. Es wurde alles beschlagnahmt. Ich weiß nichts über den Inhalt. Die beiden (Glenn und Laura) kümmern sich darum.

Wie war die Annäherung der britischen Polizei?

Am Sonntag, bin ich um 7:00 aus Berlin abgeflogen, um nach Brasilien zurückzukehren. Ich hatte einen Anschlussflug in London. Nach der Landung am Flughafen Heathrow um 7:50, hat die Flugbegleiterin über die Lautsprecher im Flugzeug mitgeteilt, dass alle Passagiere mit dem Pass in der Hand aussteigen sollten. In diesem Moment wusste ich, dass sie hier waren, um mich zu holen. Beim Ausstieg haben drei Beamte auf mich gewartet, noch innerhalb der Fluggastbrücke. Nachdem sie meinen Pass angeschaut haben, sagte einer: „Mein Herr, begleiten sie mich bitte“.

Scotland Yard hat in einen Vermerk veröffentlicht, dass sie aufgrund des Gesetzes zur Bekämpfung von Terrorismus, 9 Stunden festgehalten wurden...

Das stimmt nicht. Es waren elf Stunden. Bevor wir in den Befragungsraum gingen, wurde ich von den Beamten zwei Stunden auf dem Flughafen herumgeführt. In keinem Moment wurde ich zu Terrorismus befragt. Sie wollten nicht wissen, ob ich Terrorist wäre, oder ob ich irgendeinen Kontakt zu Terroristen hätte. Sie haben ganz einfach ein Gesetz verwendet, um zu Erreichen, was sie wollten. Basierend auf diesem Gesetz, das sich auf den Terrorismus bezieht, können sie befragen, wen sie wollen und wenn sich jemand weigert, können sie ihn sogar ins Gefängnis stecken. Das haben sie den ganzen Tag gemacht. Sie haben gesagt, dass ich wenn ich nicht kooperieren würde, ins Gefängnis müsste. Sie haben mir eine Kopie dieses Gesetzes gezeigt.

Wie war die Befragung?

Ich bin in einen weißen Raum ohne Fenster gebracht worden. Es gab vier Stühle, einen Tisch und ein Gerät, um Fingerabdrücke zu nehmen. Ich bin dort neun Stunden geblieben, die ganze Zeit wurde ich mit dem Gefängnis bedroht. Sie haben mir mein gesamtes Handgepäck abgenommen. Sie haben alles durchstöbert. Als ich zu Hause, hier in Rio ankam, habe ich bemerkt, dass zwei Geräte verschwunden sind: ein Rooter und eine Smartwatch von Sony, die ich für einen Freund gekauft hatte. Ich hatte das selbe Modell der Uhr in meinem Rucksack, der auch beschlagnahmt wurde. Alle 30 Minuten haben sie mir Wasser angeboten. Ich habe nichts getrunken und sie auch nicht. Sie haben die Flüssigkeit immer weg geschüttet.

Was wollten sie von Ihnen wissen?

Sie haben mich zu meiner Beziehung zu Glenn befragt. Sie haben einige Male zu meinem Verhältnis zu Glenn gefragt. Sie haben gefragt, wie ich in seiner Arbeit mitwirke. Was ich mache. Sie blieben ständig bei dem selben Thema. Sie sind rund um mich gegangen, während sie fragten. Es war ein psychologischer Angriff. Sie wollten wissen, ob ich Zugang zu den Inhalten hätte, die von Snowden geschickt wurden. Ich erklärte ihnen, dass ich keinen Zugang zu den Daten hatte und dass meine Arbeitsverhältnis mit Glenn, sich auf Marketing beschränkt. Ich berate Glenn normalerweise darin, was er zu den Veröffentlichungen seiner Reportagen sagt. Ich helfe ihm, die geeigneten Mittel zu wählen.

Was wollten sie während der neun Stunden sonst noch wissen?

Die Agenten haben sich während der Befragung abgelöst. Sie haben gefragt, warum die Menschen auf den Straßen Brasilien protestieren. Sie wollten wissen was die Leute dazu bringt auf die Straßen zu gehen. Ich sagte, dass das Volk über die Korruption im Land empört ist. Sie haben gefragt, welche Art von Korruption es in Brasilien gibt. Dann haben sie gefragt, ob ich irgendeine Beziehung zur brasilianischen Regierung hätte. Ich habe geantwortet, dass mein Partner vor kurzem im brasilianischen Senat war. Ich habe bei dieser Gelegenheit erwähnt, dass ich einige Senatoren kenne. Ich wollte auf diese Art zeigen, dass ich wichtige Personen in meinem Land kenne, dass ich nicht alleine bin. Ich weiß nicht, was sie dazu gebracht hat, diese Fragen über Brasilien zu stellen. Ich habe bis jetzt noch nicht alles verarbeiten können, was passiert ist.


von Fabio Brisolla